Begriffswirrwarr oder klare Regelungen?

Die Umwandlungsverordnung und der Berliner Milieuschutz

von: Claire Weckesser

Oftmals wird in Presseberichten mit Begriffen Milieuschutz und Umwandlungsverordnung oder gar Umwandlungsverbotsverordnung experimentiert. Doch was verbirgt sich dahinter eigentlich?
Bekannt ist, dass der Milieuschutz die Erhaltung bestimmter Kiezstrukturen fördern soll. Dabei geht es unter anderem darum, dass Infrastrukturen wie z. B. Krankenhäuser, Kindergärten und Schulen in der Stadt effektiv genutzt werden können. Sollte in so genannten Szenevierteln überwiegend Ferienwohnungen oder Zweitwohnungen gehalten werden, würde auf längere Sicht eine solche Infrastruktur abgebaut. Beispielsweise ist es in Venedig so, dass in einigen zentralen Arealen der Stadt kein Bäcker, Fleischer oder eine Schule fußläufig erreichbar ist. Die Mehrheit der dort lebenden Menschen sind Touristen oder gehören zu einer Oberschicht, welche neben der Wohnung in Venedig zusätzlich noch andere Wohnungen in Paris, London oder auch Berlin hält. Die derzeitigen Ängste vor einer Inflation, insbesondere in Russland, fördern den Kauf Berliner Immobilien zu Kapitalanlagezwecken. Diese Wohnungen stehen mitunter leer, weil sich manch ein Investor nicht mit Mieterschutzvorschriften auseinandersetzen will oder die Wohnung kurzzeitig flexibel nutzen möchte.

Was ist Milieuschutz?

Der Milieuschutz ist in § 172 Baugesetzbuch geregelt. Dort steht lediglich, dass Gemeinden Satzungen erlassen können, um bauliche Anlagen und die Eigenart von Gebieten (Erhaltungssatzung) im Rahmen der Baugenehmigungsplanung zu errichten. In dieser Vorschrift sind die allgemeinen Voraussetzungen geregelt, wann überhaupt ein Milieuschutz für eine Gemeinde in Betracht kommt.

In Berlin ist unter einer Gemeinde stets der Bezirk zu verstehen. Dementsprechend haben einige Berliner Bezirke so genannte Milieuschutzgebiete festgelegt. Die entsprechenden Erhaltungsverordnungen sind im Internet unter anderem für die Bezirke Tempelhof und Schöneberg sowie für den Bezirk Pankow unter den Adressen http://www.berlin.de/ba-tempelhof-schoeneberg/organisationseinheit/planen/soziale_evo_index.html; http://www.berlin.de/ba-pankow/politik-und-verwaltung/aemter/stadtentwicklungsamt/stadterneuerung/artikel.220497.php; einsehbar. Für manche Bezirke sind die Erhaltungsverordnungen im Internet leider nicht veröffentlicht. Es empfiehlt sich eine Anfrage bei den jeweiligen Bezirken.

Derzeit können einzelne Mieter – welche in Schutzgebieten wohnen – nur sehr eingeschränkt von diesem Instrument profitieren.

Maßgeblich hierfür ist unter anderem eine Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts aus dem Jahre 2004 (s. Oberverwaltungsgericht Berlin, Urteil vom 30. Januar 2004, Az.: 2 B 18.02, veröffentlicht in NZM 2004 S. 750ff). Dort stellt das Gericht fest, dass die Festschreibung von Mietobergrenzen für bestimmte Sanierungsgebiete rechtswidrig ist. Die Gemeinde, also die Berliner Bezirke, würden auf diesem Wege Bundesgesetze unterwandern, konkret das Recht die Kosten einer Modernisierung auf die Mieter anteilig umzulegen (s. § 559 BGB).

Fortan wurde für Milieuschutzgebiete nur noch allgemein geregelt, unter welchen Umständen eine Baugenehmigung unter Berücksichtigung städtebaulicher Ziele versagt werden kann. Im Hinblick auf die Eigentumsgarantie des Art. 14 Abs. 1 Grundgesetz war und ist allerdings stets davon auszugehen, dass eine Baugenehmigung zu erteilen ist. Nur ausnahmsweise kann die Baugenehmigung versagt oder mit Auflagen versehen werden, um städtebauliche Ziele durchzusetzen. Schon die relativ unklare Formulierung in den derzeitigen Erhaltungsverordnungen verdeutlicht, dass die Versagung einer Baugenehmigung wegen Verstoßes gegen den Milieuschutz in der Praxis für die Verwaltung recht schwierig ist. Sie muss im Zweifel sehr genau begründen, warum das geplante Bauvorhaben mit den städtebaulichen Zielsetzungen nicht vereinbar ist und aus welchen Gründen auch keine Abhilfe durch Erteilung einer Baugenehmigung mit Auflagen möglich ist. Dieses doch recht komplexe Verfahren erfordert bei den einzelnen Sachbearbeitern einer Baubehörde nicht nur Sachverstand sondern vor allem auch Zeit. Um nicht unnötige Kosten zu verursachen, wird der Milieuschutz daher nur recht oberflächlich geprüft. Im Zweifel wird die Baugenehmigung lieber erteilt, um verwaltungsrechtliche Streitigkeiten mit dem Grundstückseigentümer zu vermeiden und zeitaufwändige Ablehnungsbegründungen verfassen zu müssen. Übrig bleiben am Ende nur umfangreiche Modernisierungsvorhaben mit zahlreichen mittellosen Mietern im Wohnungsbestand. Wenn allerdings eine Modernisierung nur wenige Baumaßnahmen betrifft oder der Bestand der Mieter durchwachsen ist, ist es schwer bis unmöglich die Baugenehmigung wegen Verstoßes gegen städtebauliche Ziele zu versagen.

Die Umwandlungsverordnung – eine effektive Absicherung?

Vor diesem Hintergrund plant die Senatsverwaltung eine so genannte Umwandlungsverordnung. Im Zeitpunkt der Abfassung dieses Artikels ist diese leider noch nicht veröffentlicht.

Möglicherweise hat sie die Berliner Senatskanzlei noch nicht abschließend durchformuliert. Fest steht lediglich, dass die Umwandlung von Mehrfamilienhäusern in Wohnungseigentümergemeinschaften in Milieuschutzgebieten verboten werden soll. Am Ende wird es davon abhängen, wie das Verbot verfahrensrechtlich kontrolliert und durchgesetzt wird.

In Hamburg muss die Umwandlung eines Mehrfamilienhauses in eine Wohnungseigentümergemeinschaft durch den Bezirk genehmigt werden. Diese Genehmigung ist dort eine zwingende Voraussetzung, um aus einem einzigen Grundbuchblatt mehrere Grundbuchblätter für die jeweiligen Eigentumswohnungen anlegen zu können. Die Eigentumsübertragung an einem Grundstück, aber auch an einer Eigentumswohnung, lässt sich nur durch Eintragung im entsprechenden Grundbuch durchführen. Anders ausgedrückt ohne separates Grundbuchblatt für eine Eigentumswohnung lässt sich diese auch nicht verkaufen (Eigentum kann nicht übertragen werden).