Wer schon immer mal wissen wollte, wie sich Berlin in verschiedenen gesellschaftlichen Bereichen entwickelt hat, kann sich darüber nun in der Open-Air-Ausstellung „Berlin im Wandel – Menschen verändern ihre Stadt“ informieren. Zur Ausstellungseröffnung kamen die Präsidentin des Wissenschaftszentrums Berlins für Sozialforschung (WZB), Prof. Dr. Jutta Allmendinger, der Senator für Kultur und Europa, Dr. Klaus Lederer, und der Vorsitzende des Berliner Behindertenverbands, Dominik Peter. Nach einem Impulsvortrag durch Frau Allmendinger standen Sie dem Publikum für Fragen zur Verfügung.
Vor über hundert Jahren schrieb der Kunstkritiker Karl Scheffler: „Berlin sei dazu verdammt, immerfort zu werden und niemals zu sein“. Woran zeigt sich der Wandel heute? Und wer gestaltet ihn? Seit dem 7.3.2018 können sich Besucher auf dem Außengelände der Landeszentrale für politische Bildung Berlin am Amerikahaus über diese Fragen bzw. über die Stadtentwicklung Berlins informieren. In der Open-Air-Ausstellung „Berlin im Wandel – Menschen verändern ihre Stadt“, erzählen Berliner, was ihnen an ihrer Stadt wichtig ist und wofür sie sich in Berlin stark machen. Sie engagieren sich in Kiezinitiativen, Vereinen oder Schulen, arbeiten als Stadtteilmütter oder forschen an Universitäten zur Zukunft Berlins. Dabei geht es um vielfältige Themen wie Inklusion, Arbeit, Bildung, Wohnen und Integration. Hierzu werden Informationen über die Bevölkerungsentwicklung seit der Stadtgründung und anschauliche Darstellungen demographischer Fakten der Stadt auf großen Infotafeln transportiert und größere Entwicklungslinien aufgezeigt. Ziel der Ausstellung ist es, die Besucher dazu anzuregen, sich selbst am Wandel ihrer Stadt zu beteiligen. Doch was gehört dazu, sich beispielsweise sozial zu engagieren?
Wesentliche Strukturveränderung
In ihrem Impulsvortrag ließ Allmendinger den Wandel der Stadt am Beispiel gesellschaftlicher Teilhabe und ehrenamtliches Engagement Revue passieren. Es sei zu beobachten, dass zentrale Plätze der Begegnungen nicht zuletzt aufgrund von Digitalisierung verloren gingen, so die WZB-Präsidentin. Sie machte deutlich, dass sich die gesellschaftlichen Strukturen ändern müssten (wie beispielsweise in der Bildungspolitik) um soziales Engagement weiter zu fördern.
Dominik Peter bekräftigte hingegen den gesellschaftsstrukturellen Handlungsbedarf und gab zu bedenken, dass es bei den Themen wie gesellschaftlicher Teilhabe und soziales Engagement nicht nur um Fragen wie beispielsweise in der Bildungspolitik gehe. Es müssten ebenso die infrastrukturellen Begebenheiten für Menschen mit Behinderungen geschaffen werden, wenn nötig auch mit im Gesetz verankerten Sanktionen. „Der Privatsektor ist beispielsweise in punkto Barrierefreiheit stärker in die Pflicht zu nehmen“, sagte Peter. Nach wie vor kämen viele Menschen mit Behinderungen nicht in den Friseursalon oder in die Bäckerei in der Nachbarschaft. Da fehle es einfach noch an einem geeigneten barrierefreien Zugang. „Es gehört nämlich auch zur Teilhabe frei entscheiden zu können, in welchem Kaufhaus ich einkaufen möchte, ohne davon durch bauliche Barrieren abgehalten zu werden“, so der Vorsitzende des BBV´s. Ebenso seien Rahmenbedingungen zu schaffen, die es Menschen mit Behinderung ermöglichen, auf dem ersten Arbeitsmarkt Fuß zu fassen oder sich sozial zu engagieren ohne jegliche Einschränkungen zu befürchten. Er zog hingegen ein positives Fazit in punkto ehrenamtliches Engagement und nannte als Beispiel die Berliner Flüchtlingskrise.
Politik muss umdenken
Der Kultur- und Europasenator Klaus Lederer führte an, dass soziales Engagement attraktiver ausgestaltet werden müsse: „Wie können wir erwarten, dass sich jemand sozial engagiert, wenn derjenige das Gefühl hat, dass diese Art der Arbeit nicht gesellschaftlich anerkannt wird und sich eher zum negativen für ihn auswirkt“, stellte der Kultursenator klar. Letztlich sei hier die Politik gefordert. Sie müsse ein Investitionsprogramm starten, um den Menschen zu zeigen, dass soziales Engagement sich für den Einzelnen stärker lohne. „Ein von der Politik gestartetes Angstabschaffungsprogramm ist aufzusetzen“, so Lederer. Nur so könne man die Menschen langfristig stärker zum Mitmachen bewegen.