Behinderung ist ein Armutsrisiko. Ist man in Folge einer Behinderung auf Assistenzleistungen angewiesen, ist die Armut für viele Menschen in der Regel vorprogrammiert. Ein Leben lang. Auch Lebenspartner und nahe Angehörige sind mitbetroffen. Denn Assistenzleistungen gibt es für viele nur als „Eingliederungshilfe“ über das Sozialgesetzbuch XII. Vorausgesetzt, man ist „bedürftig“. Dass heißt, alles an Einkommen bis zum Existenzminimum und das gesamte Vermögen bis auf einen „Schonbetrag“ von 2600 Euro (das reicht nicht mal für eine einfache Beerdigung) ist für die Finanzierung der Assistenz zu verwenden. Erst dann gibt es Leistungen vom Staat, also von den Steuerzahlern bzw. der „Solidargemeinschaft“.
Forderung ist 41 Jahre alt
Selbstbestimmtes Leben und umfassende Teilhabe am Leben in der Gesellschaft sind aber mit einem „Existenzminimum“ plus „Schonvermögen“ nicht möglich. Deswegen fordern Menschen mit Behinderungen und ihre Organisationen seit vielen Jahrzehnten ein bedarfsgerechtes sowie einkommens- und vermögensunabhängiges Bundesteilhabeleistungsgesetz. Es geht nicht um Privilegien, sondern um einen Ausgleich behinderungsbedingter Nachteile. Man kann auch Chancengleichheit dazu sagen. Bereits am 11. Mai 1973, also vor 41 Jahren, griff die damals in der Opposition befindliche CDU/CSU-Fraktion diese Forderung in einem Antrag im Bundestag auf. Und es folgten viele weitere Anträge und Gesetzentwürfe, auch von den Linken, den Grünen und der SPD. Geändert hat sich für die Betroffenen bis heute nichts, obwohl dies auch in der seit fünf Jahren rechtskräftigen UN-Behindertenrechtskonvention gefordert wird.
Änderung erst 2017?
Am 4. April 2014 gab es die erste Debatte zur Behindertenpolitik im Bundestag seit der Wahl 2013. Abgeordnete aller Fraktionen betonten, wie sehr sie sich für die Belange von Menschen mit Behinderungen einsetzen. Vor allem die CDU/CSU/SPD-Koalition lobte sich und versprach, gemeinsam mit den Betroffenen, ein Bundesteilhabegesetz bis 2016 zu erarbeiten, welches 2017 in Kraft treten soll. Bis dahin solle man sich aber bitte noch gedulden. Und offen ist, ob sich wirklich spürbar etwas für die betroffenen Menschen ändern wird oder ob es lediglich um die Verteilung der Kosten zwischen Bund, Länder und Kommunen gehen wird.
Deswegen fordern wir auf dem diesjährigen Europäischen Protesttag am 5. Mai ein Bundesteilhabegesetz jetzt, nicht irgendwann und irgendwie, sondern bedarfsgerecht, einkommens- und vermögensunabhängig.
