
Verena Bentele mit Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel, Prof. Dr. Julian Nida-Rümelin und Ministerin Andrea Nahles (Fotos: Behindertenbeauftragte/Henning Schacht).
Gestern Abend (6. Mai) fand der zweite Jahresempfang der Beauftragten der Bundesregierung für die Belange behinderter Menschen, Verena Bentele, statt. Ein besonderer Gast war Bundeskanzlerin Angela Merkel, die sich in ihrer Rede klar zur Inklusion in allen Lebensbereichen
bekannte. Verena Bentele begrüßt dies und sagte heute:
„Beim Thema Inklusion auf dem Arbeitsmarkt sehe ich genauso wie die Kanzlerin zunächst einmal die Arbeitgeber in der Pflicht. Sie müssen Vorurteile abbauen und verstehen, welche
Potentiale natürlich auch Menschen mit Behinderung haben“, so Bentele. Die
Kanzlerin kritisierte in ihrer Rede außerdem, dass ein Übergang von den
Werkstätten auf den ersten Arbeitsmarkt kaum möglich sei. Sie forderte den
Ausbau wirksamer Maßnahmen wie die unterstützte Beschäftigung oder auch des
Budgets für Arbeit. Sie betonte, dass Teilhabe am Arbeitsleben nicht ein Akt der
Fürsorge sein, sondern auch ein wesentlicher Aspekt von Fachkräftesicherung, ein
„Akt der Vernunft der gesamten Gesellschaft“. „Besonders gefreut hat mich, dass
Angela Merkel auch die Wichtigkeit eines inklusiven Schulsystems betont hat. Wir
können keine inklusive Gesellschaft und auch keinen inklusiven Arbeitsmarkt
erreichen, wenn wir unsere Kinder nicht von Beginn an zusammen lernen und
aufwachsen lassen“, so Bentele weiter.
Die Beauftragte begrüßte auch, dass die Kanzlerin sich klar zum geplanten Fonds für Heimkinder, die in Einrichtungen der Behindertenhilfe und Psychiatrie misshandelt wurden, bekannt
hat. Dieser Fonds soll als Pendant zum bereits bestehenden Fonds Heimerziehung
eingerichtet werden. Bisher müssen die Betroffenen jedoch auf eine Entschädigung
warten. Grund dafür ist, dass vor allen Dingen die Länder sich gegen eine
finanzielle Beteiligung sperren. Merkel sah diese jedoch klar in der Pflicht:
„Wir können uns nicht damit herausreden, dass wir die Zahl der Betroffenen nicht
genau kennen. Deswegen gibt es hier Handlungsbedarf.“
I
n ihrer Rede ging Bundeskanzlerin Merkel – siehe Foto links – ebenfalls auf die Reform der Eingliederungshilfe hin zu einem
Bundesteilhabegesetz ein. Diese Reform sei ein „Riesenprojekt“. Sie betonte,
dass es sich auf jeden Fall lohnen müsse, arbeiten zu gehen und ein eigenes
Einkommen zu erzielen – und deswegen auch die Einkommens- und Vermögensgrenze
„unter die Lupe“ genommen werden müsse. Der Behindertenbeauftragten Verena
Bentele war dies jedoch zu wenig: „An dieser Stelle hätte ich mir eine
verbindlichere Zusage gewünscht. Das Bundesteilhabegesetz ist das zentrale
Reformprojekt dieser Legislaturperiode. Es wird der Prüfstein sein, an dem sich
zeigt, wie ernsthaft Inklusion in unserer Gesellschaft tatsächlich umgesetzt
wird. Den Worten der Kanzlerin müssen deswegen nun dringend Taten folgen. Ich
fordere ihren vollen Einsatz für ein Bundesteilhabegesetz, das den Namen auch
wirklich verdient. Und sage auch ganz klar: Ohne die Abschaffung der Einkommens-
und Vermögensanrechnung wird das nicht gehen. Dafür müssen selbstverständlich
auch die entsprechenden finanziellen Mittel bereitgestellt
werden.“
Unter den über 400 Gästen des Jahresempfangs in der
Vertretung des Landes Baden-Württemberg beim Bund waren neben zahlreichen
Vertreterinnen und Vertretern der Verbände von Menschen mit Behinderung auch die
Bundesministerin für Arbeit und Soziales Andrea Nahles, die Vizepräsidentin des
Deutschen Bundestages Ulla Schmidt, der ehemalige Kulturstaatsminister Julian
Nida-Rümelin und der Bevollmächtigte der Bundesregierung für Patienten und
Pflege Karl-Josef Laumann. Begrüßt wurden die Gäste durch den Hausherrn der
Landesvertretung und Minister für den Bundesrat, Europa und internationale
Angelegenheiten in Baden-Württemberg, Peter Friedrich. Ergänzt wurde das
Programm des Jahresempfangs durch verschiedene musikalische Beiträge, unter
anderem des Hornisten und Echo-Klassik-Preisträgers Felix Klieser.
