In der Littenstraße 108, unweit des Roten Rathauses, befindet sich die Landesvereinigung Selbsthilfe e.V. In diesen Räumen leitet Franziska Müller jeweils dienstags von 9 bis 13 und donnerstags von 13 bis 17 Uhr die Antidiskriminierungsberatung.
Franziska Müller besuchen Menschen, die sich beispielsweise wegen ihres Alters oder wegen einer Behinderung diskriminiert fühlen. Müller berät sie, unterstützt sie und entwickelt gemeinsam mit den Betroffenen individuelle Lösungsstrategien. Für diejenigen, die dort eine Beratung suchen, findet diese kostenlos, professionell und vertraulich statt.
Das Gesetz schützt vor Diskriminierung
Die gesetzliche Grundlage für den Schutz ist das seit 2006 geltende Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG), das hierzulande Staatsbürgerinnen und Staatsbürger vor ungleicher Behandlung schützt. Es hilft bei arbeitsrechtlichen Problemen ebenso wie beim sogenannten Zugang zu Gütern, zum Beispiel bei Dienstleistungs- und Versicherungsverhältnissen. Das AGG beschränkt sich auf diese Bereiche und gilt in vielen Bereichen nicht, in denen Menschen auch diskriminiert werden. In Schulen oder Behörden beispielsweise, gelten andere Gesetze, die eine Ungleichbehandlung verbieten. Franziska Müller kann auch in diesen Fällen und Bereichen helfen.
Zu wenig Antidiskriminierungsberatung landes- und bundesweit
Einer ihrer Arbeitsschwerpunkte ist es, über diese Beratungsangebote zu informieren. Antidiskriminierungsberatung wird auch deshalb mehr und mehr nachgefragt. Es gibt gegenwärtig nur diese eine landesfinanzierte Beratungsstelle, in der sich Menschen mit Behinderung beraten lassen können, wenn sie diskriminiert werden. Und für Diskriminierungen wegen fortgeschrittenem Lebensalter ist die Beratungsstelle in der Littenstraße bislang die einzige bundesweit.
Möglicher Verlauf einer Antidiskriminierungsberatung
In der Beratung wird zunächst der Sachverhalt geklärt. Gegebenenfalls wird ein Beschwerdebrief verfasst, die Gegenseite um eine Stellungsnahme gebeten und die Betroffenen an einen erfahrenen Rechtsbeistand verwiesen. Gemeinsam mit den Betroffenen werden individuelle Lösungsstrategien erarbeitet. Dabei ist die Beratung, so Franziska Müller, in der Regel angepasst an die individuellen Bedürfnisse der Ratsuchenden. Meistens ist sie gar nicht direkt bezogen auf eine rechtliche Vertretung. In der Regel ist sie offener orientiert, zentriert auf die Frage: Was wünschen Sie sich denn jetzt? Es wird geprüft, wer eventuell noch helfen kann, ob da eine Betriebsrätin oder ein Betriebsrat, eine Schwerbehindertenvertretung oder eine andere Beratungsstelle ansprechbar ist. Gerade in der Zusammenarbeit mit einer anderen Beratungsstelle lasse sich oft viel bewegen und erreichen.
Ziele der Beratungstätigkeit
Als eine „große wichtige Aufgabe“ ihrer Arbeit begreift Franziska Müller die Bewusstseinsbildung. Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) sei zum einen noch nicht hinreichend bekannt, zum anderen werde es aus verschiedenen Gründen gar nicht so genutzt, wie dies möglich sei.
Auch eine außergerichtliche Herangehensweise birgt ihres Erachtens und ihrer Erfahrung nach viele Chancen. Immer wieder begreife sie ihre Aufgabe vor allem darin, jemanden im Zuge der Auseinandersetzung bzw. der Klärung zu begleiten, als Beistand präsent zu sein, vor Gericht oder auch andernorts. Dies habe große Bedeutung, wenn Betroffene zum Beispiel schon älter, behindert und auch nicht mehr genügend kommunikationsfähig sind.
Die Beratung muss näher an den Menschen kommen
Viele einzelne Beschwerden, mit denen Betroffene zur Antidiskriminierungsberatung kommen, haben für Franziska Müller mit einer „strukturellen Behinderung“ zu tun: Wenn die notwendige Unterstützung fehlt, wenn Sonderpädagoginnen und -pädagogen nur „etwas“ gebärden können, dies aber nicht für den Physikunterricht in der 11. Klasse reicht, wo eine 1:1-Dolmetschung notwendig ist, wenn immer wieder deutlich wird, dass ganz viele andere Möglichkeiten von der notwendigen Unterstützung abhängig sind, diese aber fehlt. Umgekehrt sei es beeindruckend, wie groß die Auswirkungen von positiven Erfahrungen sind, wie viel Empowerment, wie viel Stärkung das mit sich bringe, wenn zum Beispiel eine gehörlose Schülerin durch eine 1:1-Dolmetschung endlich den direkten Kontakt mit Lehrern oder Mitschülern erlebt.
Will man Diskriminierungen vermeiden, muss diese Beratung noch näher zu den Menschen kommen, sie muss für diese noch besser erreichbar sein. Deshalb sollen ab September 2015 regelmäßige Beratungstermine auch im Nachbarschaftshaus Urbanstra0e (Urbanstraße 21, 10961 Berlin, U-Bahnhof Südstern) stattfinden.
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