Bundesratsausschuss für Barrierefreiheit Privater

Bundesratsausschuss fordert erhebliche Nachbesserungen an der Gesetzesvorlage. Der Berliner Behindertenverband unterstützt diese Forderungen vollumfänglich

von: Berliner Behindertenzeitung

Bundesrat-A Kopie

Sitz des Bundesrates in Berlin (Fotoquelle: Von campsmum / Patrick Jayne and Thomas – Modification of File:Bundesrat.jpg, Original at Flickr, CC BY 2.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=2630406).

Wenn der Bundesrat zu seiner nächsten Sitzung am 26. Februar zusammentritt, wird sich dieser auch mit dem Gesetzesentwurf zur Weiterentwicklung des Behindertengleichstellungsrechts befassen, der bereits vom Bundeskabinett beschlossen wurde. Der federführende Ausschuss für Arbeit, Integration und Sozialpolitik des Bunderates empfieht die Barrierefreiheit auch für private Anbieter von öffentlichen Angeboten festzuschreiben.

„Der Bundesrat sieht die Notwendigkeit, die Verbesserung zur Barrierefreiheit auch für den Bereich öffentlich zugänglicher Angebote und Dienstleistungen von privatwirtschaftlichen Anbietern zu erweitern, um die Lebenssituation von Menschen mit Behinderungen und von älteren Menschen zu verbessern. Der Bundesrat hält es für sinnvoll, die Regelungen zu angemessenen Vorkehrungen, zur Schlichtungsstelle und zur Verbandsklage mit dem Zivilrecht zu verzahnen und das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz entsprechend zu ergänzen“, so der Ausschuss.

Ferner meint der Ausschuss: „Der Bundesrat spricht sich für verbindliche Fristen und Maßnahmenpläne aus, um die schrittweise Umsetzung von Barrierefreiheit bei bereits bestehenden Gebäuden des Bundes zu erreichen„.

„Interessant ist allerdings auch ein Blick in die schriftliche Begründung, die der Ausschuss gleich mitliefert“, so Dominik Peter vom Berliner Behindertenverband:

„Handlungsbedarf besteht bei der Verpflichtung zum barrierefreien Zugang für den Bereich öffentlich zugänglicher Angebote von privat- wirtschaftlichen Anbietern. Nicht barrierefreie Webseiten, Stufen vor Einkaufsläden und Arztpraxen oder fehlende Untertitel bei Fernsehsendungen privater Rundfunkanstalten sind nur einige Situationen, welche die Lebenswirklichkeit von Menschen mit Behinderungen und für ältere Menschen bestimmen. Diese Barrieren bei öffentlich nutzbaren Angeboten und Dienstleistungen des Privatsektors werden in anderen Ländern wie Österreich, Frankreich und den USA schon seit Jahren und Jahrzehnten mit gesetzlichen Regelungen wirksam abgebaut (Americans with Disabilities Act von 1990, Bundes-Behindertengleichstellungsgesetz Österreich von 2006, Gleich- stellungsgesetz Frankreich – Gesetz 205-102 vom 11. Februar 2005).

Die Zielvereinbarungen nach dem Bundesbehindertengleichstellungsgesetz als Instrument der Verbände von Menschen mit Behinderungen mit Wirt- schaftsunternehmen, Regelungen zur Umsetzung von Barrierefreiheit umzusetzen, waren nicht ausreichend, um flächendeckend Barrierefreiheit bei den öffentlich nutzbaren Angeboten von privaten Firmen und Unternehmen herzustellen. Seit 2002 wurden lediglich 36 Zielvereinbarungen bundesweit abgeschlossen. Deshalb erscheint es sinnvoll, als Ergänzung zum Instrument der Zielvereinbarung im Zivilrecht die Verpflichtung zur Barrierefreiheit zu verbessern und das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) in den aktuellen Entwurf zur Weiterentwicklung des Behindertengleichstellungsrechts einzubeziehen. Das entspricht den Empfehlungen der Evaluation des Behindertengleichstellungsgesetzes (Prof. Dr. Welti, Kassel, 2014) und der Empfehlung des UN-Ausschusses für die Rechte von Menschen mit Behinderungen, „gezielte, wirksame Maßnahmen einzuführen, wie etwa zwingende Auflagen, Überwachungsmechanismen und wirksame Sanktionen bei Verstoß, um die Zugänglichkeit für Menschen mit Behinderungen in allen Sektoren und Lebensbereichen, einschließlich des Privatsektors, auszuweiten“ (Abschließende Bemerkungen über den ersten Staatenbericht Deutschlands vom 17. April 2015).

[Während bei Neu- und Umbauten die anerkannten Regeln der Technik zur […] barrierefreien Gestaltung anzuwenden sind, gibt es für bestehende Gebäude teilweise erheblichen Nachholbedarf bei der Umsetzung von Barrierefreiheit. Verbindliche Maßnahmenpläne mit Fristen und Zeitangaben könnten zum Abbau von Barrieren beitragen. Die im Gesetzentwurf beabsichtigte Erstellung von Berichten für Gebäude des Bundes bis zum Jahr 2021, die lediglich den Stand der Barrierefreiheit bestehender Gebäude dokumentieren, erscheint dagegen wenig wirkungsvoll“.

In dem Ausschuss, der die Empfehlung abgegeben hat, sitzen für Berlin die Senatorin Dilek Kolat (SPD) und Mario Czaja (CDU). „Würde die Empfehlungen vollumfänglich umgesetzt werden, könnte aus dem Gesetzesentwurf zur Weiterentwicklung des Behindertengleichstellungsrechts noch ein brauchbares Behindertengleichstellungsgesetz werden“, so Dominik Peter.