Das FODMAP-Konzept

Nahrungsmittelunverträglichkeiten neu erklärt

von: Rainer Sanner

Im Jahr 2005 erfolgten erste Veröffentlichungen zu dem neuen FODMAP-Konzept, dessen Beachtung wohl zur deutlichen Verbesserung von Beschwerden bei
Reizdarmpatienten wie bei solchen mit einer Unverträglichkeit von Frucht- oder Milchzucker oder auch chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen führen kann.
Die Abkürzung FODMAP ist aus den Anfangsbuchstaben der folgenden Wörter zusammengesetzt: Fermentable Oligosaccharides, Disaccharides, Monosaccharides and
Polyols, steht also für fermentierbare, das heißt vergärbare Mehrfachzucker, Doppelzucker (wie der Milchzucker Laktose), Einfachzucker (wie der Fruchtzucker Fruktose) und Zuckeralkohole (Süßstoffe wie Sorbit in Lightprodukten und anderem). Mit dem FODMAP-Konzept werden neben den bislang als Verursacher von Verdauungsbeschwerden geltenden Einfach- und Doppelzuckern jetzt auch die Mehrfachzucker (Oligosaccharide) und die Ballaststoffe
(Polysaccharide) als Verursacher von Unverträglichkeiten angesehen. Daraus sind neue Ernährungsempfehlungen abgeleitet, die insbesondere auf die
Vermeidung der Vergärung von diesen Zuckern bzw. Zuckeralkoholen zielen.

Der Behandlungsverlauf nach dem FODMAP-Konzept

Dieser ist dreistufig aufgebaut: Auf die erste, die so genannte Restriktionsphase, in der FODMAP-reiche Nahrungsmittel für vier bis sechs Wochen gemieden
werden, folgt die zweite, die so genannte Wiedereinführungsphase, in der FODMAP-haltige Nahrungsmittel eins nach dem anderen und in zunächst ganz kleinen Mengen wieder eingeführt werden, um zu sehen, welches Nahrungsmittel in welcher Menge gut vertragen wird. Als dritte Phase folgt darauf die langfristige, nach individueller Verträglichkeit FODMAP-reduzierte Ernährung. Diese sollte so ausgewogen wie möglich sein, sollte mit möglichst wenig Einschränkungen
die Beschwerden möglichst wirksam reduzieren. So ist es offenbar für viele Betroffene möglich, ein bis zwei Scheiben Weizen- oder Roggenbrot am Tag zu
vertragen, aber eben nicht mehr und auch keine zusätzliche Portion Nudeln. Die Toleranzen, also die Verträglichkeiten sollten wohl am besten in Abständen
immer wieder mal neu ausgelotet werden.
So ganz einfach ist eine gute, wirksame Umsetzung des FODMAP-Konzepts offenbar nicht, am besten ist es wohl, wenn diese in Begleitung einer damit schon
erfahrenen Ernährungsfachkraft und auf Grundlage einer fachärztlichen Beobachtung erfolgt. Denn zum einen sind die Angaben zum FODMAP-Gehalt von Nahrungsmitteln gegenwärtig wohl noch nicht hundertprozentig gesichert, und zum anderen sollten auch andere Unverträglichkeiten entsprechend abgeklärt und bedacht sein.
Falls eine Behandlung auf Grundlage des FODMAP-Konzeptes nicht zum Erfolg führt, muss ein anderer Behandlungsansatz verfolgt werden.

Funktionelle Verdaungsbeschwerden als mögliche Folge des Verzehrs von FODMAPs

Die Mehrfachzucker, das oft präbiotischen Joghurts zugesetzte Inulin und die in vielen Nahrungsmitteln enthaltenen Fruktane (langkettige Kohlenhydrate)
können im menschlichen Darm nicht so zügig wie zum Beispiel der Traubenzucker aufgenommen und dem Körper als Nährstoff zur Verfügung gestellt werden.
Infolgedessen gelangen sie in tiefere Darmabschnitte, wo sie durch die Darmbakterien zu Gasen (wie Wasserstoff. Kohlendioxid und Methan) und zu kurzkettigen Fettsäuren (wie Azetat, Propionat und Butyrat) vergärt werden. Ähnlich verlaufen die Stoffwechselvorgänge mit Laktose, wenn dieser Doppelzucker wegen eines Laktasemangels nicht gespalten und aufgenommen werden kann, oder mit Fruktose, dem Fruchtzucker, wenn dieser in Mengen
aufgenommen wird, die die Aufnahmekapazität des jeweiligen Darms übersteigen. Und auch die in einigen Früchten vorkommenden Zuckeralkohoke und die
künstlichen Süßstoffe Sorbitol und Mannitol werden in analoger Weise von den Darmbakterien vergärt.
Einige der als FODMAPs zusammengefassten Stoffe sind osmotisch aktiv, das heißt, sie ziehen bei ihrer Verdauung Wasser in den Darm, was die Peristaltik,
die Eigenbewegung des Darms anregt und zu wässrigen Stühlen, also zu Durchfall führen kann. Andere verursachen eine vermehrte Gasbildung und somit
Blähungen und so genannten Windabgang. Und auch das Reizdarm-Krankheitsbild lässt sich offenbar im Zusammenhang mit durch die FODMAPs beeinträchtigten
oder gestörten Verdauungsvorgängen erklären.

FODMAP-reiche und FODMAP-arme Nahrungsmittel

FODMAP-reiche und von daher für Betroffene nicht empfehlenswerte Nahrungsmittel sind unter anderen die folgenden: Bei den Obstsorten sind es Nektarinen, Pfirsiche, Aprikosen, Äpfel, Birnen, Weintrauben, Pflaumen, Zwetschgen, Kirschen, Brombeeren, Himbeeren, Mango, Papaya, Dattelpflaumen und auch die Wassermelone, bei den Gemüsesorten Artischocken, Knoblauch, Zwiebeln, Lauch, Spargel, Rote Beete, Rosenkohl, Wirsing,
Sellerie, Sojabohnen, Hülsenfrüchte, Blumenkohl und Zuckerschoten. Bei den Getreiden sind es die glutenhaltigen Getreide und daraus hergestellte Backwaren und Speisen, bei den Nüssen die Cashew-Nüsse und die Pistazien und bei den Milchprodukten die eher laktosereichen.
FODMAP-arme Obstsorten sind Bananen, Blaubeeren, Heidelbeeren, Clementinen, Mandarinen, Orangen, Zitronen und Limetten, Erdbeeren, Kiwis, Maracuja,
Rhabarber, Sanddorn und die Honig- bzw. die Galliamelone, aber auch diese Früchte sollten offenbar von dahingehend empfindlichen Menschen nur in kleinen
Mengen verzehrt werden. FODMAP-arme Gemüse sind die Aubergine, Chilli-Schoten, Fenchel, Gurken, Kartoffeln, Möhren, Okra-Schoten, Oliven, Pak Choi,
Pastinaken, Petersilie, Radieschen, Rettich, Endiviensalat, Schnittlauch, Spinat, Tomaten und Zucchini.
Für FODMAP-Empfindliche verträglich sind eventuell auch eine halbe Tasse Brokkoli, ca. 140 Gramm Grünkohl, eine Viertel Tasse Kichererbsen, eine halbe
Tasse Rosenkohl oder eine Stange Sellerie, wenn man darauf nicht allergisch reagiert. Von Frühlingszwiebeln und vom Lauch sind wohl immer nur der grüne
Teil verträglich, der weiße Teil enthält offenbar deutlich mehr von den unverträglichen Zuckern bzw. Zuckeralkoholen. Bei den Milchprodukten empfehlen
sich die laktosefreien oder -armen; Fleisch- bzw. Fischprodukte sind, von Wurstwaren abgesehen, in der Regel kohlenhydrat- also auch zuckerfrei.