Der Berlin Flaneur

von: Sven Przibilla

© Wolfgang Scholvien_5

Foto: © Wolfgang Scholvien

Berlin, wie haste dir vaändert…und das besonders in den letzten 25 Jahren. Die Stadt ist kaum wieder zuerkennen. Überall entstanden neue Bauten und Straßen.
Ganz besonders deutlich wurde mir dies, als ich mit meinen Eltern über den „Pariser Platz“ und durch das Brandenburger Tor flanierte. Während wir durch das Tor gingen, kamen die Erinnerungen an den 3. Oktober 1990 auf. Dem Tag, ab dem es wieder ein Deutschland gab, das sich Bundesrepublik Deutschland nannte.
Meine Mutter hatte ein Foto mitgebracht. Darauf war im Hintergrund das Brandenburger Tor zu sehen, jede Menge fröhlicher Menschen und im Vordergrund meine Eltern, die sich mit Sekt zuprosteten.
Ich hatte dieses Foto nicht gemacht, denn ich befand mich auf dem Weg zum Brandenburger Tor vom Alexanderplatz kommend. An diesem Tag ging dies nur zu Fuß. Überall waren Menschen unterwegs.
In der rechten Ecke des Bildes war der Reichstag zusehen. Ohne Kuppel. Sie werden jetzt ausrufen: “Das stimmt nicht! Vom Pariser Platz aus kann man das Parlamentsgebäude nicht sehen.“
Heute stimmt diese Aussage, aber damals konnten Sie „direktemang“ vom S-Bahnhof Brandenburger Tor zum Reichstag durchlaufen. Denn „die jute Stube von Berlin“ wie der Berliner das Karree vor dem Tor auch nennt, war noch nicht wieder hergestellt. Es gab nur das Tor, kleine Bäume und keine Bauten oder Fontänen rechts und links vom Platz wie heute. Hier war eigentlich nichts. Auch das bekannteste Haus am Platz gab es damals noch nicht, das „Hotel Adlon“.
Heute, 25 Jahre später ist die „Stube“ voll eingerichtet, mit vielen „alten neuen Möbeln“ und kaum einer der heutigen Besucher weiß, wie es einst hier ausgesehen hatte, nach dem Krieg und der Mauer.
Heute erstrahlen der „Pariser Platz“ und das 1791 eingeweihte Brandenburger Tor wieder in neuen Glanz. Der Platz ist die bekannteste Visitenkarte von Berlin und Deutschland. Hier zeigen wir „Deutschen“ das wir auch fröhlich, tolerant und weltoffen sein können. Sei es nun zur Fußballweltmeisterschaft oder bei der wahrscheinlich größten Silvesterparty der Welt.
Wie vor seiner Zerstörung finden sie im Karree wieder die Botschaft der Vereinigten Staaten von Amerika und die der Republik Frankreich und auch die ehrwürdige Akademie der Künste hat wie früher hier wieder ihren Sitz. Ebenso ist auch das bekannteste Hotel von Berlin neu erstanden. Das Adlon.

Ohne Titel

Das Brandenburger Tor in einer abgewandelten Form ist auch das Startbild der Internetseite des Berliner Behindertenverbandes.

Aber es gibt einen Unterschied zu den Zeiten vor der Kriegszerstörung. Durch das Brandenburger Tor dürfen keine Autos mehr fahren.
Wenn ich mir alte Bilder von vor 30 Jahren anschaue und sie mit der Gegenwart vergleiche, dann kribbelte es immer noch leicht in meinem Bauch.
Als Kind hatte ich die „Mauer“ nicht verstanden. Sie war einfach da gewesen. Als Jugendlicher machte mich dieses vermaledeite Bauwerk wütend und dann, nach dem 9. November 1989, habe ich mich diebisch gefreut, als ich sah wie die „Mauerspechte“ den sogenannten „Antiimperialistischen Schutzwall“ mit Hammer und Meißel zerkleinerten.
Wenn ich heute in das wunderschöne Rund vor dem Brandenburger Tor schaue, muss ich sagen wir haben das ganz gut hinbekommen. Hier hat man etwas Seltenes geschafft, moderne Architektur mit klassischer Atmosphäre. Die „jute Stube“ ist wieder „die jute Stube“ und diesmal nicht nur von Berlin. Und das mit der Einheit haben wir ooch janz jut jemeistert bis jetzt, mit allen Höhen und Tiefen.
Deshalb freue ich mich schon auf die nächsten 25 Jahre. Dann werden wir wieder am Brandenburger Tor nachsehen, wie Berlin sich verändert hat. Ich glaube wir werden Augen machen, was es da alles Neues geben wird.

Infokasten: Brandenburger Tor
Pariser Platz, 10117 Berlin,

Verkehrsanbindung:
Station:
S+ U Bahnhof Brandenburger Tor
S-Bahn: S1, S2 ,S25
U-Bahn: U 55
Bus: 100, TXL
Das Gelände vom Pariser Platz und Brandenburger Tor ist weitestgehend barrierefrei. Doch momentan finden in der Umgebung umfangreiche Baumaßnahmen statt und so sind die Wege sehr eng. Es kann dadurch zeitweise zu Behinderung kommen.