Ich möchte Sie heute zu einem Spaziergang einladen, dessen Ziel ein Friedhof ist.
Dazu begeben wir uns zur Chauseestraße 126 nach Mitte. Hinter einer unscheinbaren Mauer befindet sich, vom tosenden Verkehr der Straße abgeschirmt, direkt neben dem bekannten „Brecht-Haus“, der „Dorotheenstädtische Friedhof“.
Er ist die letzte Ruhestätte für viele mehr oder weniger bekannte Berliner. Einer der Letzten, der hier vor kurzen zu Grabe getragen wurde, war Egon Bahr, der zu den bekanntesten Politiker der Nachkriegszeit gehörte.
Auf dem 17.000 Quadratmeter großen „Gottesacker“ – so wurden damals zur Entstehungszeit, 1762, Friedhöfe auch genannt – liegen nicht nur die Gebeine des ehemaligen Bundespräsidenten Johannes Rau, sondern hier ist auch der Bewohner des Nachbarhauses Berthold Brecht und seine Gattin die Regisseurin und Schauspielerin Helene Weigel begraben. Von Brecht, dessen Grab, wie das der seiner Frau von einem schlichten Findling gekennzeichnet ist, erzählt man sich, daß er nach seinem Ableben einige, ich nenne sie mal Besonderheiten verfügt hatte, bevor er beerdigt werden sollte. Um ganz sicher zu gehen, daß er auch wirklich tot ist, sollten ihm die Ärzte die Herzschlagader öffnen. Denn der etwas exzentrische so auf Rationalität bedachte Dichterfürst hatte eine Heidenangst davor, scheintot begraben zu werden. Wie im Leben ist Brecht auch auf dem Friedhof von Freunden und Weggefährten umgeben. In unmittelbarer Nähe zu seinem Grab, finden sich die letzten Ruhestätten der beiden wichtigsten „Brecht- Komponisten“ Hans Eisler und Paul Dessau.
Derlei Anekdoten lassen sich einige finden, wenn man sich mit den „Promis“ beschäftigt, die auf dem Dorotheenstädtischen Friedhof ihre letzte Wohnstadt gefunden haben.
Wenn Sie über den Friedhof flanieren können Sie tief in die Geschichte von Berlin eintauchen.
Da stehen Sie plötzlich vor dem Grab des berühmtesten Baumeisters von Preußen – Carl Friedrich Schinkel. Der Grabstein ist ein kunstvoll gearbeiteter Monolith der von einem filigranen halbhohen Zaun umgeben ist.Dahinter erhebt sich das an einen griechischen Tempel erinnernde Mausoleum der Familie Hitzig, die zur feinen Berliner Gesellschaft des 19. Jahrhundert gehörte.
Ein griechischer Tempel war auch das Vorbild für ein Grab, welches sie im hinteren Teil des Friedhofes finden. In einem kleinen Temple flankiert von vier klassizistischen Säulen, steht auf einen Stein die Büste jenes Mannes, der als Vater des Maschinenzeitalter gilt – August Borsig.
Als er geboren wurde, 1804, konnten die Berliner noch den unverbauten Blick auf die Kirche genießen zu der der Friedhof gehörte, die Dorotheenstädtische Kirche. Sie stand einst gut einen Kilometer entfernt, an der heutigen „Neuen Kirchstraße“, genau gegenüber der ehemaligen amerikanischen Botschaft in der DDR. Fünfzig Jahre später als Borsig 1854 starb, war das nicht mehr möglich. Da war der Friedhof umgeben von qualmenden Industrieanlagen, wie der von Borsig gegründeten Maschinenanstalt. Sie bildeten die Grundlage dafür, das aus der kleinen etwas pfiffigen Residenzstadt Berlin eine Weltmetropole wurde.
Wenn Sie, wie ich, über den Friedhof spazieren werden Sie überrascht sein wie ruhig es dort ist. Vom Verkehr bekommt nicht viel mit. Und es wird sie auch überraschen, wenn Sie sich die Grabsteine anschauen, wer hier alles begraben wurde..
Ich glaube der Dorotheenstädtische Friedhof hat wahrscheinlich die größte „Promidichte“ der Stadt. Und sollten Sie dann keine Lust mehr auf die „Grabesruhe“ haben, dann werden sie beim Verlassen dieser etwas anderen Sehenswürdigkeit von Berlin, ganz schnell wieder von dem Chaos und der Hektik der pulsierenden Großstadt eingefangen.
INFO: Dorotheenstädtischer Friedhof
Chauseestraße 126, 10115 Berlin
Öffnungszeiten:
Januar+Dezember: täglich 8-16 Uhr
Februar+November: täglich 8-17 Uhr
März+Oktober: täglich 8-18 Uhr
April+September: täglich 8-19 Uhr
Mai-August: täglich 8-20 Uhr
Internet:
www.stiftung-historische-friedhoefe.de
Verkehrsanbindung:
S- Bahn:
S1, S2, S25 S- Bahnhof Notbahnhof,
U- Bahn:
U6 U- Bahnhof Naturkundemuseums oder U- Bahnhof Oranienburg Tor
Bus: (Auswahl)
142 Philippstraße oder Torstraße / U- Bahnhof Oranienburger Tor
245 U- Bahnhof Naturkundemuseum, S- Bahnhof Nordbahnhof, Robert – Koch Platz
Straßenbahn: (Auswahl)
12 U- Bahnhof Naturkundemuseums (Chausseestraße), Torstraße/ U-Bahnhof Oranienburg Tor, U- Bahnhof Oranienburg Tor, S- Bahnhof Nordbahnhof,
Anmerkung:
Straßenüberquerungen notwendig, teilweise Ampelanlagen vorhanden. Wegebeschaffenheit unterschiedlich und teilweise witterungsbedingt unterschiedlich.
