Bürgerschaftliches Engagement ist nicht erst seit den größeren Flüchtlingszahlen ein Thema. Viele Menschen haben sich schon vorher für andere, bedürftige Menschen eingebracht. Oft auch organisiert über Freiwilligenagenturen. Ein Vorzeigeprojekt ist das Sternenfischer Freiwilligenzentrum Treptow-Köpenick, welches seit sieben Jahren das ehrenamtliche Engagement im Südosten Berlins organisiert und weiterentwickelt. Mit dem Blick auf Menschen mit einer psychischen Erkrankung beschritten die Sternenfischer neue Wege – denn sie wollen auch diesen Menschen die Möglichkeit bieten, sich zu engagieren.
Geben und nehmen – das muss in einem ausgewogenen Verhältnis stehen. Denn wer immer nur gibt, fühlt sich bald ausgenutzt und wer immer nur nimmt, entwickelt ein Gefühl von Minderwertigkeit. Wie sich diese Balance herstellen lässt, wurde im Mai auf einer Fachtagung der Fontane-Klinik Motzen und des Freiwilligenzentrums Sternenfischer diskutiert.
Im Fokus standen dabei Patienten mit Abhängigkeitserkrankungen. Durch die Übernahme eines freiwilligen bürgerschaftlichen Engagements können sie sich stabilisieren – und auch einmal geben, was sich wiederum positiv auf ihre soziale (Re-) Integration auswirkt.
Die Fontane-Klinik behandelt in der medizinischen Rehabilitation jährlich fast 700 Patienten mit Abhängigkeitsdiagnosen, teilweise auch mit zusätzlichen psychosomatischen Erkrankungen. Bis zu 50% der Rehabilitanden sind arbeitslos, 30% langjährig. Für die meisten von ihnen sind mit der Arbeitslosigkeit innere Zweifel und eine große Entmutigung verbunden. Ihre sozialen Kontakte schränken sich ein, brechen ab. Das wiederum macht es ihnen schwer, nach der klinischen Behandlung in das soziale aber auch in das Erwerbsleben zurückzukehren. Ein bürgerschaftliches Engagement scheint hier eine gute Möglichkeit, sich trotz Arbeitslosigkeit kompetent und engagiert zu erleben und damit den Weg zurück zu ebnen.
Bereits seit 2011 vermitteln die Sternenfischer psychisch erkrankte oder behinderte Menschen in ein Engagement. Die Erfahrungen sind durchaus positiv. „Durch mein Engagement gerate ich nicht in den Strudel weiter abwärts.“, so ein Engagierten, der sich in einem Seniorenheim einbringt. Damit ein Freiwilligenzentrum gut mit diesen Menschen arbeiten kann, müssen sich die Mitarbeiter nicht mit den einzelnen Krankheitsbildern auskennen – vielmehr müssen die Rahmenbedingungen inklusiv also ohne Barrieren sein – das zeigten die Erfahrungen der Sternenfischer, von denen die Brandenburger nun profitieren.
Die schwierige Balance zwischen Geben und Nehmen
Jeder kann sich engagieren – auch Schwache
von: Berliner Behindertenzeitung
