
as Abkommen zwischen EDF und IVB wird unterzeichnet. V. r. n. l.: EDF-Generalsekretär Rodolfo Cattani, IVB-Vorsitzender Vasyl Nazarenko und ABiD-Vorsitzender Dr. Ilja Seifert.
Mit zwei Unterschriften begann am 15. November 2015 in Berlin ein neues Kapitel internationaler Zusammenarbeit von Behindertenorganisationen. Der eine Namenszug gehört zu Rodolfo Cattani, Generalsekretär des Europäischen Behindertenforums (EDF), der andere zu Vasyl Nazarenko, dem Vorsitzenden der Internationalen Vereinigung von Behindertenverbänden postsowjetischer Staaten (IVB). Im Rahmen einer dreitägigen Konferenz zur UN-Behindertenrechtskonvention unterzeichneten beide Dachorganisationen eine Kooperationsvereinbarung.
Die offizielle Zeremonie im barrierefreien Hotel „Mit-Mensch“ in Berlin-Karlshorst krönte jahrelange Bemühungen, bei denen der Allgemeine Behindertenverband in Deutschland „Für Selbstbestimmung und Würde“ e. V. (ABiD) eine entscheidende Rolle spielte. Entsprechend groß war die Freude beim ABiD-Vorsitzenden Dr. Ilja Seifert: „Das ist ein großer Schritt auf dem Wege der Durchsetzung der Menschenrechtsperspektive auf dem gesamten Kontinent. Nun müssen wir gemeinsam dafür sorgen, dass wir den Vertrag mit Leben erfüllen.“ Dr. Seifert ist eines von drei deutschen Mitgliedern des EDF und wird in dessen Auftrag die Zusammenarbeit koordinieren.
Den ABiD und die Behindertenorganisationen aus ehemaligen Sowjetrepubliken in Osteuropa und Zentralasien verbindet eine langjährige Partnerschaft. Sie wird in regelmäßigen Arbeitstreffen bei wechselnden Gastgebern gepflegt. Nach Tbilissi Anfang Oktober dieses Jahres führten leitende Vertreter von Behindertenorganisationen aus elf Nationen vom 13. bis 16. November ihren Austausch zur Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention in Berlin fort. Zeitgleich besuchte eine Delegation des Moskauer Behindertenverbandes den Berliner Behindertenverband und nutzte die Gelegenheit, Teile der Konferenz mitzuerleben.
Im Mittelpunkt standen die Erfahrungen mit dem Parallelbericht der Zivilgesellschaft zum offiziellen Staatenbericht. Kommunale, nationale und europäische Aspekte beleuchteten Berlin- Lichtenbergs Bezirksbürgermeisterin Birgit Monteiro, Britta Leisering von der Monitoringstelle für die UN-BRK im Deutschen Institut für Menschenrechte (DIMR), Claudia Zinke vom Paritätischen Gesamtverband und EDF-Generalsekretär Rodolfo Cattani.
Nicht nur die Zivilgesellschaften der einzelnen Länder, auch das Europäische Behindertenforum als Dachorganisation von 80 Millionen behinderten Europäern reichte einen „Schattenbericht“ ein, um Informationslücken des offiziellen EU-Berichtes zu schließen. „Unser Bericht unterstreicht, dass der Sinn der UN-BRK, die Menschen- und Grundrechte von Menschen mit Behinderungen zu garantieren und zu sichern, bis jetzt durch die EU noch nicht erfüllt wurde“, sagte Rodolfo Cattani.
In den Beiträgen der Gäste aus der IVB ehemaliger Sowjetstaaten zeigten sich Gemeinsamkeiten und Unterschiede bei der Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention. Während einige Redner davon sprachen, dass die Staatenberichte nicht die wirkliche Situation widerspiegelten und sich auch die Zivilgesellschaft nicht unabhängig einbringen könne, stellten andere Fortschritte in der Zusammenarbeit mit Regierungsstellen fest, die vor einigen Jahren noch nicht möglich gewesen seien. Es kristallisierte sich heraus, dass eine Reihe von Ländern, einschließlich Deutschland, über gute Gesetze zum Schutz der Rechte von Menschen mit Behinderungen verfügen, es jedoch häufig an der Umsetzung mangelt. Der Erfahrungsaustausch, ermöglicht durch Zuwendungen des Auswärtigen Amtes der Bundesrepublik Deutschland und der Lotterie GlücksSpirale, stärkte Zusammenhalt und Kampfgeist. Den Tenor der Konferenz trifft dieses Zitat von Ulan Inkarbekow, stellvertretender Vorsitzender der vereinigten Behindertenorganisationen Kasachstans: „Es hängt vor allem von uns selbst ab.“
