So ein Theater

von: Berliner Behindertenzeitung

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Im „thikwa“ ist die Hoffnung Motto und Lebenselixier.

Ein Vogelhäuschen steht auf der Arbeitsbank in der Holzwerkstatt. Es ist noch nicht fertig. Hinter der nächsten Glastür, liegen Buntstifte und Wachsmalkreiden auf dem Tisch. Bilder und Siebdrucke schmücken die Wand. Die Malutensilien wirken verloren in dem großen Raum. Es ist Feierabend, die Mitarbeiter der Werkstatt des thikwa gehen nach Hause. Gerade haben sie noch gesägt, gehämmert und gemalt, jetzt ist Dienstschluss. Einige haben es eilig, andere schlendern gemächlich zur Garderobe. Sie verabschieden sich mit freundlichen Worten und einem fröhlichen Winken von „ihrem“ Herrn Jordan.

 

Vogelhaus und Wollgewehre

 

In den Räumen spürt man etwas von „thikwa“. Dieses Wort kommt aus dem Hebräischen und bedeutet „Hoffnung“. Kein anderer Name passt besser zu diesem Ort. In dieser Werkstatt für behinderte Menschen (WfbM) geschehen besondere Dinge. So weiß der Erbauer des Vogelhäuschens noch nicht,  ob seine Arbeit den Stadtspatzen in der Winterzeit als Futterplatz dient. Vielleicht ist es auch ein Requisit für die nächste Theateraufführung. Die Wollgewehre, die im Büro liegen, waren in dem Stück „Der diskrete Charme der Bourgeoisie“ zu sehen.

Das thikwa ist die erste bundesweit anerkannte Ausbildungsstätte für darstellende und bildende Künste. Behinderte und nicht behinderte Menschen arbeiten hier Hand in Hand. So ist beispielsweise der inzwischen zu Ruhm gelangte Peter Pankow (Outsider-Art) ein Mitarbeiter dieser Werkstatt und des Theaters. Anne Tismer, die bekannte Theaterschauspielerin und Performancekünstlerin, hat an Projekten im thikwa mitgewirkt. Im Laufe der Jahre hat sich eine kontinuierliche Zusammenarbeit mit anderen Theatern entwickelt. Darsteller des thikwa werden regelmäßig beispielsweise für das „Deutsche Theater“ in Berlin oder an Filmproduktionen gecastet und engagiert.

Nicole Hummel (künstlerische Leitung) steht in ständigem Kontakt mit anderen Theatern und koordiniert die Zusammenarbeit. Das thikwa hat sich einen festen Platz in der Berliner Theaterszene erarbeitet (Herbert Jordan). Die Zusammenarbeit mit dem „English Theatre Berlin“ (ETB) hat sich für beide Institutionen als wertvoll erwiesen. Bei Vorstellungen begegneten die Darsteller dem Bundespräsidenten oder der Bundeskanzlerin. Gastauftritte in Moskau oder in Japan gehören ebenfalls zum Leben der Schauspieler des thikwa.

 

Ein Ort der Hoffnung

 

Was im Jahr 1991 als „künstlerisches Experiment“ begann, hat sich mittlerweile zu einem großen und anerkannten Theater-Projekt entwickelt. Das Ensemble folgt den zahlreichen Einladungen zu Theater-Festivals. Viele Filme und Performances sind mittlerweile entstanden. In letzter Zeit zeigt sich das thikwa etwas mehr als „diskursives“ Theater. „Ja, wir wollen bewusst provokant sein.“ (Hummel). Mit dem Thema Behinderung wollen wir progressiv umgehen, dass steht genauso auf dem Spielplan wie klassisches und literarisches Theater. Pro Jahr gibt das Ensemble des thikwa 120 Vorstellungen, dazu kommen zahlreiche Gastauftritte.

 

Die Hoffnung auf Zuwachs

 

Menschen finden hier die Möglichkeit, sich künstlerisch zu bilden und auszudrücken. Das Theater Thikwa e.V. sucht Verstärkung. Menschen mit einem Handicap, die sich gerne mit Kunst und Theater befassen, sind herzlich eingeladen, sich zu bewerben.

Frau Nicole Hummel (030-6146467) oder der Werkstattleiter, Herr Peter Brutschin (030-50564716), stehen für Fragen zur Bewerbung zur Verfügung.

 

Von Carola Lymants, Bild: thikwa