Keine Debatte gab es im Abgeordnetenhaus zum „Aktionsprogramm Handwerk 2015-17“ (Drucksache 17/2058), welches die Wirtschaftssenatorin Cornelia Yzer (CDU) am 13. Januar als ehrgeiziges und breit gefächertes Programm der Öffentlichkeit präsentierte. Dieses Programm nahmen die Abgeordneten leider nur zur Kenntnis.
Dafür gab es dazu mit den Vertretern der Handwerkskammer eine Diskussion in der Arbeitsgruppe „Menschen mit Behinderungen“ in der Senatswirtschaftsverwaltung, welche nach fast einem Jahr Pause am 12. März wieder tagte. Die Handwerkskammer vertritt rund 30.000 Berliner Handwerksbetriebe mit 150.000 Beschäftigten und 12.000 Auszubildenden. Zahlreiche Maßnahmen stehen in dem, vom Senat und der Handwerkskammer erarbeiteten, 22seitigen Programm. Menschen mit Behinderungen waren bei der Erarbeitung nicht beteiligt und spielen auch im Programm keine Rolle. Das wurde vom Berliner Behindertenverband scharf kritisiert, denn damit verstieß die zuständige Senatorin wieder gegen das Recht auf Mitbestimmung nach der UN-Behindertenrechtskonvention. Und damit werden auch Chancen vergeben: Zum einem, angesichts des bestehenden Fachkräftemangels, mehr Menschen mit Behinderungen in Ausbildung und Arbeit in Handwerksbetrieben zu bringen und zum anderen das Handwerk zu nutzen, um nicht nur die Energiewende zu gestalten, sondern auch mehr für die Schaffung von Barrierefreiheit zu tun. Sowohl die Vertreterinnen der Handwerkskammer als auch die Senatsverwaltung nahmen die kritischen Hinweise auf. Bleibt zu hoffen, dass das Aktionsprogramm vielleicht noch ergänzt und künftige Programme von vornherein auch mit dieser Arbeitsgruppe beraten werden.
Schwerbehindertenquote in Berlin 5,5 Prozent
In der Arbeitsgruppe informierte die Senatsverwaltung auch über ihre aktuellen Zahlen zur Schwerbehindertenquote. In Berlin wuchs der Beschäftigungsanteil schwerbehinderter Arbeitnehmer von 4,8 Prozent im Jahr 2005 auf 5,5 Prozent im Jahr 2012. Zur Zusammensetzung der Zahlen (Anteil Öffentlicher Dienst und Privatwirtschaft, Aufschlüsselung nach Branchen) konnte die Senatsverwaltung leider keine Auskünfte geben. Keine Auskünfte konnte die Verwaltung auch zu der Frage liefern, in welchem Umfang die einzelnen Senatsverwaltungen Aufträge an die Werkstätten für behinderte Menschen vergeben haben. Aus der Senatsverwaltung für Wirtschaft gab es in den Jahren 2013 und 2014 keine Aufträge an Werkstätten!
Die SPD-Abgeordnete Birgit Monteiro (inzwischen Bürgermeisterin in Lichtenberg) wollte vom Senat wissen: „Wie wird die Qualität von stationären Einrichtungen für Menschen mit Behinderung geprüft?“. Staatssekretär Dirk Gerstle verwies in seiner Antwort (Drucksache 17/15395) auf die Prüfrichtlinien zum Wohnteilhabegesetz (WTG). Alle Einrichtungen werden in der Regel von der Heimaufsicht einmal pro Jahr begutachtet. Dabei wird nur ein Teil der 612 Standardfragen geprüft, aber innerhalb von 5 Jahren sollen alle Fragen wenigstens einmal kritisch betrachtet worden sein. Mehr Informationen gibt es dazu im Internet über www.berlin.de/lageso und www.lotse-berlin.de.
Wegweiser für Frauen mit Behinderungen
In einer Anfrage interessierte sich die Abgeordnete Evrim Sommer (LINKE) für das Thema „Frauen mit Behinderungen – besondere barrierefreie Angebote“. In der ausführlichen Antwort des Senats (Drucksache 17/15403) verwies Staatssekretärin Barbara Loth auf eine Vielzahl von Angeboten und empfahl dazu den vom Netzwerk behinderter Frauen Berlin e.V. herausgegebenen „Wegweiser für Mütter mit Behinderungen in Berlin (und Brandenburg)“ mit einem Überblick über behinderungsspezifische Informations- und Unterstützungsangebote in Berlin. Barrierefrei ist auch das Internetangebot www.berlin.de – so die Staatssekretärin. Ausweichend, beziehungsweise unbefriedigend waren ihre Antworten zur Barrierefreiheit der Berliner Frauenhäuser, Zufluchtswohnungen, Frauenzentren sowie Arztpraxen, insbesondere mit Blick auf eine barrierefreie gynäkologische Versorgung.
Bäderkonzept nicht inklusiv
Mit einer aktuellen Stunde zum „Berliner Bäderkonzept 2025“ – auf Antrag der CDU-Fraktion – begann die Sitzung des Berliner Abgeordnetenhauses am 19. Februar 2015. Die sportpolitische Sprecherin der Linken, Dr. Gabriele Hiller, kritisierte in ihrer Rede, dass die Arbeitsgruppe „Menschen mit Behinderungen“ der Senatssportverwaltung bei der Erarbeitung des Konzeptes nicht einbezogen wurde und das Thema Inklusion nicht Bestandteil des Konzeptes sei. Auch der Abgeordnete Andreas Baum verwies auf die die fehlenden Planungen zur Herstellung von Barrierefreiheit.
In den Ausschuss Gesundheit und Soziales überwies das Abgeordnetenhaus den Antrag von Bündnis 90/Die Grünen „Mehr Qualität in Pflege-WGs“ (Drucksache 17/2050) und in die Ausschüsse für Arbeit sowie Bildung/Jugend den Antrag von CDU und SPD „Berliner Jugendberufsagenturen für Jugendliche mit Behinderung öffnen“ (Drucksache 17/2019).

