Neues aus Kreuzberg

Die Bergmannstraße als barrierefreie Begegnungszone?

von: Rainer Sanner

 

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Die Beauftragte für Menschen mit Behinderung im Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg, Frau Ulrike Ehrlichmann, hatte für den 9. März ins Nachbarschaftshaus Urbanstraße zu einer Informationsveranstaltung eingeladen. Bei dieser sollte es im Hinblick auf die Planungen zur Umwandlung der Kreuzberger Bergmannstraße in eine so genannte Begegnungszone jetzt auch um eine Einbeziehung der Belange von Menschen mit Behinderung gehen.  Als Vertreter des Planungsbüros LK Argus gab Herr Heinrichs auf die Fragen der erschienenen Gäste Auskunft.

Begegnungszonen für ein verträglicheres Miteinander aller Verkehrsarten

Begegnungszonen sind ein Modellprojekt der neuen Fußverkehrsstrategie, die von der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Umwelt für ein besseres und sicheres „Zu Fuß Gehen“ entwickelt worden ist.  In ausgewählten, intensiv genutzten Straßenräumen sollen neue Möglichkeiten der Straßenraumgestaltung für ein verträglicheres Miteinander aller Verkehrsarten erprobt werden.  Nach der Schöneberger Maaßenstraße soll jetzt auch die Kreuzberger Bergmannstraße in eine solche Begegnungszone umgestaltet werden.

Rahmenbedingungen und Ziele

An der Bergmannstraße befinden sich viele verschiedene Geschäfte  und eine ähnlich vielfältige Gastronomie am Straßenrand wie auch in den Höfen. Daraus entsteht das Problem, dass es dort für die Nutzerinnen und Nutzer von Straße und Gehwegen bislang oft allzu eng ist.

Als Grundsätze für die neuen Begegnungszonen gelten die folgenden: den Autoverkehr verlangsamen, nicht verdrängen, die gegenseitige Rücksichtnahme fördern, Sichtkontakt herstellen und eine sich selbst erklärende Gestaltung der Straße. Außerdem sollen die Nutzer ihre Ziele schnell und mit vertretbarem Aufwand erreichen können. Die Planung soll mit einer breiten Beteiligung der Öffentlichkeit erfolgen, und als Pilotvorhaben sollen solche Begegnungszonen auch evaluiert, soll die Nutzung also mit Zahlen erfasst werden.

Organisation und Ergebnisse der Bürgerbeteiligung

Neben einem über das Internet geführten Beteiligungsverfahren fanden und finden verschiedene öffentliche Veranstaltungen statt. Die Beteiligung von Kindern und Jugendlichen erbrachte als wichtigstes Ziel für diese Gruppe die Sicherheit und „soziale Brauchbarkeit“ des Straßenraums.

Im Rahmen der Online-Beteiligung wurde offenbar oft die Lebendigkeit der Bergmannstraße gelobt. Kritisiert wurde zum einen das häufige Parken in der zweiten Reihe als Gefahrenquelle und Störung, der zu enge und oft überladene Gehweg, die mangelnde Rücksichtnahme, der verkehrsbedingte Lärm, die oft fehlende Kontrolle der geltenden Regeln dort, ein Zuviel an Außengastronomie und auch die dort offenbar abnehmende gewerbliche Vielfalt. Es gab aber wohl auch viele Stimmen für einen Erhalt des bestehenden Zustands, des „besonderen Charakters“ der Bergmannstraße.

Mögliche Gestaltungsprinzipien

Als Möglichkeiten für eine Neugestaltung dort stellte Herr Heinrichs drei Alternativen vor: zum einen die Schaffung von beidseitig breiteren Seitenräumen, verbunden mit Fahrradparkplätzen auf den Seitenstreifen, zum anderen die Einrichtung von breiteren Seitenräumen im Versatz, mal auf der einen, dann auf der anderen Seite und drittens die Herstellung eines einseitigen, breiteren Seitenraums. Erwogen wird wohl auch die Umstellung der dortigen Ampeln auf ein so genanntes „Rundum-Grün“ wie am Checkpoint Charlie.

Die Diskussion der vorgestellten Planungselemente

Bei der anschließenden Diskussion wurde zunächst auf Erfahrungen mit der bereits bestehenden Begegnungszone in der Schöneberger Maaßenstraße verwiesen: Diese sei mit den auf Wunsch der Anwohner eingerichteten Verschwenkungen zu „verfranst“ geraten; wichtig seien stattdessen klare Linien.

Von Seiten des Allgemeinen Blinden- und Sehbehindertenvereins (ABSV) ist für die Planung offenbar angefragt worden, ob sich die Anzahl der zahlreichen Poller im Mittellauf reduzieren lasse oder ob diese sich kontrastreich gestalten lassen. Die Rundungen an der Ecke Bergmann-/Nostizstraße sollten für Menschen mit Sehbehinderung besser tastbar gemacht werden. Abgelehnt wird vom ABSV die Einrichtung eines Kreisverkehrs, da wegen des damit entstehenden dauerhaften Geräusches der Verkehrslärm akustisch nicht mehr differenziert zu verfolgen sei.

Im Hinblick auf gewünschte weitere Überwege zum Überqueren der Straße, insbesondere vor dem dortigen Ärztehaus teilte Herr Heinrichs mit, dass barrierefreie Querungen an verschiedenen Stellen geplant sind. Mehrere Anwesende sprachen sich jedoch wegen der damit verbundenen Gefahren gegen die Einrichtung von Zebrastreifen aus. Würden diese aber mit einer Ampelanlage ergänzt, ließe sich zudem der Verkehrsstrom verlangsamen, würde auch für sehbehinderte Menschen eine Möglichkeit geschaffen, die Straße sicher zu überqueren, so ihr Gegenvorschlag. Herr Heinrichs wies aber darauf hin, dass sich seines Erachtens Ampeln und Begegnungszonen ausschließen: Das Prinzip der gegenseitigen Rücksichtnahme beiße sich mit einer Ampel, da eine solche mit sich bringe, dass sich Autofahrer nicht mehr darum bemühen, Sichtkontakt zu Fußgängern herzustellen.

Daraufhin sprachen sich einige Anwesende für die Einrichtung einer Tempo-20-Zone aus. Vor deren Beginn solle das Parken von Autos verboten werden, so dass weiträumig eine Möglichkeit für einen Sichtkontakt zwischen Passanten und Autofahrern besteht.

Zu bedenken gegeben wurde den Planern auch, dass mit der Einrichtung eines einseitigen, großen Seitenraumes dieser zu einem intensiv genutzten Platz werden kann, damit aber dessen Nutzung für mobilitätsbehinderte Menschen erschwert wird.

Zur genaueren Klärung wurde abschließend die Durchführung einer gemeinsamen Berollung bzw. Begehung an der Bergmannstraße vorgeschlagen. Weitere diesbezügliche Termine wie der für die nächste Bürgerversammlung dazu sind auf der Internetseite von Frau Ehrlichmann, der bezirklichen Behindertenbeauftragten, zu finden.

 

 

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