Schwerbehinderte, die nicht zu Hause leben und der Gesellschaft nützlich sein können, soll Sterbehilfe ermöglicht werden. Das scheint die Quintessenz eines Menschenbilds zu sein, von dem aus ein 26jähriger Japaner kürzlich das Recht – vielleicht sogar soetwas wie einen „göttlichen Auftrag“? – ableitete, in einem Behindertenheim 19 Menschen zu töten und weitere 25 schwer zu verletzen. Jedenfalls scheint er diese Tat ja sogar langfristig angekündigt zu haben. Und erwartet dafür am Ende auch noch Lob.
Was da aus Sagamihara an aktueller Nachricht zu uns dringt, scheint weit weg zu sein. Sowohl räumlich als auch mental. Wir hier sind dabei, Menschen mit Behinderungen zu „inkludieren“. Hier geht es vorwärts. Euthanasie war gestern.
Aber stimmt das? Allein der Gedanke, jemanden „inkludieren“ zu wollen, zeugt von völligem Unverständnis dessen, was volle Teilhabeermöglichung und freie Persönlichkeitsentfaltung für Jede und Jeden – heute häufig „Inklusion“ genannt – wirklich bedeutet. Es geht dabei nämlich um innewohnende Rechte, um Menschenrechte. Sie werden niemandem zuerkannt oder verliehen, sondern man hat sie. Also können sie auch nicht aberkannt oder anderweitig wieder genommen werden.
Allerdings lassen sich die allgemeinen Rahmenbedingungen so gestalten, daß sie manchen Menschen höhere Hürden in den Weg stellen, um ihre Persönlichkeit – auf der Basis der jeweils individuellen Fähigkeiten und Bedürfnisse – frei entfalten zu können. Das erleben wir jeden Tag. Ob in Gesetzesform, ob in baulichen Barrieren, ob in Kommunikations-hindernissen, ob in intellektueller Überheblichkeit.Und so kann ein Welt- und Menschenbild entstehen, das in „nützlich“ und „unnütz“, in „lebenswert“ und „lebensunwert“, in „wir“ (Guten) und „die“ (Bösen; gar „Falschen“) unterscheidet. Von da ist es dann fast schon „logisch“, den „armen Behinderten“, die „ständig leiden“ und außerdem der Gesamtgesellschaft „enorme Ressourcen“ entziehen, den „Gnadentod“ zu schenken.
> Vielfalt auszuhalten, ist nicht einfach. Aber sie ist es, was unser MenschSein ausmacht. Also sollten wir Vielfalt wollen. Niemand ist vollkommen. Und manche sind eben etwas weniger vollkommen. Auf jeden Fall ist es vollkommen falsch, unsere Unvollkommenheit mit Minderwertigkeit zu verwechseln.
Laßt uns Vielfalt leben!