Nimm 2 statt 1

Rampenabbau bei den neuen Eindeckerbussen

von: Berliner Behindertenzeitung

Piratenpartei-Flyer als PapierschiffDie BVG setzt ab 2015 neue Eindeckerbusse im Berliner ÖPNV ein, die im Gegensatz zu den bisherigen Bussen nur noch eine Rampe am hinteren Eingang aufweist. Die bisherige Rampe am Vordereingang ist nicht mehr vorhanden. Dies wird nicht nur von den Behindertenverbänden für einen Rückschritt in der Barrierefreiheit des Berliner ÖPNV gehalten. Die Rampe am hinteren Eingang kann bei Hindernissen oder schweren Anfahrsituationen nicht auf Straßenniveau gelegt werden, das wäre eine zu hohe Steigung, die zu Gefahrensituationen für die Fahrgäste mit Mobilitätseinschränkungen führen kann. Das bedeutet, wenn es eine Baustelle, eine schräge Anfahrtssituation oder sonstige Hindernisse gibt, können Fahrgäste im Rollstuhl bzw. mit Rollator nicht ein- oder aussteigen, wenn sie nicht auf eine weitere Rampe ausweichen können.

Ablauf der Entscheidungsprozesse

In einer schriftlichen Anfrage “Beteiligung von Menschen mit Behinderungen an Entscheidungs- prozessen in Fragen, die sie selbst betreffen” von Alexander Spies, dem Sprecher für Behinder- tenpolitik der Piratenfraktion, wurde der Senat mit Datum vom 16.07.2014 gefragt, ob und wie die Menschen mit Behinderungen und ihre Interessenverbände in die Entscheidung auf Verzicht der zweiten Rampe eingebunden wurden. Nach Ansicht des Senats wurden diese entsprechend der UN-Behindertenrechtskonvention ausreichend in die Beschaffungsplanung und deren Auswirkungen mit einbezogen, die BVG hätte regelmäßig Abstimmungen durchgeführt, sie bezieht sich hier auf Informationen in 2011 in der Arbeitsgemeinschaft “Barrierefreier Verkehr”, bei denen mitgeteilt wurde, zugunsten von zusätzlichen Sitzplätzen auf die 2. Rampe als Einstiegshilfe für Personen im Rollstuhl zu verzichten. Seitdem hätte die BVG mehrfach und intensiv mit den Behindertenverbänden Gespräche geführt. Die BVG sieht im Verzicht keinen Rückschritt in der Barrierefreiheit, der die Gangbreite im vorderen Busbereich verringert und somit mehr Sitzplätze in der Nähe des Fahrpersonals ermöglicht, die vordergründig für blinde und sehbehinderte Personen wichtig wären. Der ABSV (Allgemeiner Blinden- und Sehbehindertenverein in Berlin) hat jedoch keine derartige Forderung nach zusätzlichen Sitzplätzen im vorderen Busbereich zu Lasten anderer Betroffenengruppen erhoben.

Proteste von Behindertenverbänden

Bei der publikumswirksamen Vorstellung der neuen Eindeckerbusse, die nun nur noch eine Rampe am hinteren Einstieg ermöglichen, am 08.10.2014 vor dem Abgeordnetenhaus wurde von Menschen im Rollstuhl und Vertretern ihrer Interessenverbände gegen diese Ausstattungsänderung protestiert. Von den Behindertenverbänden „ABSV – Allgemeiner Blinden- und Sehbehindertenverein Berlin“, BBV – Berliner Behindertenverband e.V. – Für Selbstbestimmung und Würde, der „Spontanzusammenschluss Mobilität für Behinderte“ und der „Cocas e.V. für Behinderte und Nichtbehinderte“ wird in einer gemeinsamen Erklärung gefordert, bei weiteren Busbestellungen auf die zweite Rampe am vorderen Einstieg wieder zu achten und die Mittelgänge zwischen der ersten und zweiten Tür wieder so breit zu gestalten, dass sie von Menschen im Rollstuhl und Menschen mit Rollatoren benutzt werden können. Für blinde und sehbehinderte Menschen sind durchgängige Orientierungsmöglichkeiten zu schaffen, so dass diese die weiter hinten befindlichen Sitzplätze leicht aufsuchen können.

Antrag der Piratenfraktion: In einem Antrag (Drucksache D 17-1839) fordert die Piratenfraktion den Senat auf:

  • die neu erworbenen 236 Eindeckerbusse der BVG nachträglich mit einer zweiten Rampe an der Vordertür auszustatten
  • bei zukünftigen Neuerwerbungen und Veränderungen bei der BVG eine enge Konsultation mit Menschen mit Behinderungen und ihren Vertreterorganisationen für einer Entscheidung durchzuführen
  • mit der AG für Menschen mit Behinderungen bei der Senatsverwaltung und dem Landes- beauftragten für Menschen mit Behinderungen vor Neuerwerbungen und Veränderungen im ÖPNV, die Menschen mit Behinderungen betreffen, einen intensiven Dialog zu führen.

Ferner äußerte sich die Piratenfraktion dahingehend, dass der Verzicht auf die zweite Rampe seitens der Piraten als Rückschritt in der Gewährleistung der Barrierefreiheit im ÖPNV angesehen wird.