Psychische Erkrankungen nehmen seit einigen Jahren stark zu. Zu den bekanntesten und häufigsten seelischen Störungen gehört die Depression. Sie nimmt keine Rücksicht auf Alter, Geschlecht, Herkunft, gesellschaftliche und beruf- liche Stellung oder Status. Sie führt zu Isolation und Einsamkeit, oft bricht das soziale Netz für die Betroffenen im Verlauf der Krankheit vollständig zusammen. Dies liegt vor allem daran, dass die Betroffenen aufgrund ihrer Krankheit nur eingeschränkt kommunizieren können und unter schweren Gefühlsverzerrungen wie etwa Schuldgefühlen gegen- über Freunden und Familie leiden. In der Folge sind sie distanziert und zum Teil aggressiv gegenüber Freunden, Partnern, Kindern oder Arbeitskollegen, die dieses Verhalten wiederum als ableh- nend und desinteressiert empfinden. Aufgrund mangelnder Kenntnisse über die Krankheit können sie die plötzliche Wesens- und Verhaltensänderung nicht nachvollziehen und ziehen sich ihrerseits zurück. So gerät der Erkrankte in einen Teufelskreis, denn die verständnislose Re- aktion seines sozialen Umfelds bewirkt, dass er sich noch haltloser, isolierter und hoffnungsloser fühlt.
In einer solchen Situation bieten Selbsthilfegruppen den Erkrankten und ihren Angehörigen eine wichtige Stütze. Der Austausch mit anderen Betroffenen entlastet alle Beteiligten. Erkrankte erfah- ren so, dass sie mit ihrer Krankheit, die noch immer in der Gesellschaft tabuisiert und stigmatisiert wird, nicht allein sind. Darüber hinaus bietet die Gruppe ihnen die Chance, gemeinsam aktiv zu sein, was gerade für depressive Menschen, die unter Antriebslosigkeit leiden, ein erster wichtiger Schritt ist, um eine depressive Episode zu überwinden. Doch auch für die Angehörigen sind die Angebote der Selbsthilfe extrem wichtig. In Selbsthilfegruppen finden Kinder und Partner Angebote, um sich wieder selbst zu finden, den kranken Partner beziehungsweise Vater oder Mutter besser zu verstehen und wieder Kräfte zu tanken. Organisationen wie die DepressionsLiga , das Bündnis gegen Depressionen , die Deutsche Gesellschaft für bipolare Störungen und andere haben dazu beigetragen, dass psychische Erkrankungen mittlerweile „gesellschaftsfähig“ geworden sind. Ohne das Engagement der in der Selbsthilfe engagierten betroffenen psychisch kranken Menschen würden viele Erkrankte sich weiterhin isolieren und in ihrer Ausweglosigkeit nicht mehr weiter wissen.
Die AOK fördert nicht nur zahlreiche Selbsthilfeprojekte in diesem Bereich – als Gesundheitskasse macht sie sich auch für die Erhaltung der psychischen Gesundheit stark, beisielsweise mit dem Programm „LebeBalance“ der AOK Baden-Württemberg, welches in Kürze weitere AOKs anbieten werden.
Training fürs Gemüt
Knapp fünf Millionen Deutsche erkranken jährlich an einer behand- lungsbedürftigen Depression. Als Ergänzung zur (haus-)ärztlichen Begleitung können Online-Pro- gramme die Betroffenen bei der Bewältigung ihrer Krankheit sinnvoll unterstützen. Zu den Vorreitern auf diesem Gebiet gehört das interakti- ve Onlineprogramm MoodGYM. In Australien stellt es bereits seit 2001 seine Wirksamkeit unter Beweis: Bei Patienten, die zwei oder mehr der insgesamt fünf Programmbaustei- ne durchlaufen haben, sinken die depressiven Symptome im Schnitt deutlich und langfristig. MoodGYM verwendet Methoden und Techni- ken aus der kognitiven Verhaltens- therapie. Es umfasst unter anderem ein interaktives Spiel, Fragebögen zu Depression und Angst sowie Ent- spannungsübungen. In Deutschland wird der Einsatz von MoodGYM mit Unterstützung des AOK-Bundesver- bandes derzeit in einer randomisier- ten Studie untersucht.
Mehr Infos: www.moodgym.de
Dieser Artikel ist erschienen im „Kontakt – Der Selbsthilfe-Newsletter der AOK“ (Ausgabe 2015/4).