Die Initiatoren des Sozialgipfels, thüringer Sozialverbände, wollten auf den vielfachen und dringenden Handlungsbedarf in der Sozialpolitik und im Bereich der Sozialwirtschaft aufmerksam machen und die Kräfte für ein soziales Thüringen stärken. Gerade die Themen Inklusion, Teilhabechancen und die Zukunft der sozialen Infrastruktur sind es, die die Zivilgesellschaft und Politik vor große Herausforderungen und wichtige Entscheidungen stellen. Dabei geht es in erster Linie um Menschen und ihre persönlichen Lebensverhältnisse.
Trotz einzelner Reformschritte und Fortschritte im Sozialbereich stehen die Zeichen auch in Thüringen auf Schrumpfung der öffentlichen Ausgaben. Davon besonders betroffen sind die Ausgaben für Sozialpolitik, und damit insbesondere die Tätigkeitsfelder der Zivilgesellschaft.
Dabei sind es gerade die Investitionen in den sozialen Kernbereichen wie Inklusion, Bildung und Teilhabe, Pflege und die Vermeidung von Armut, die dringend benötigt werden. So war der 6. Thüringer Sozialgipfel auch ein Gang durch die sozialpolitischen Baustellen in Thüringen und die sich daraus ergebenden Herausforderungen.
Für den SoVD Thüringen konnte ich mich in die Diskussion einbringen. Zwei Jahre nach Inkrafttreten des Thüringer Maßnahmeplanes zur Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention ging es mir vor allem darum, die Frage zu diskutieren, ob wir in Thüringen beim Abbau bzw. der Beseitigung von Barrieren in den Köpfen der Menschen hinsichtlich der Gewährleistungen der uneingeschränkten Teilhabe und Selbstbestimmung von Menschen mit Behinderungen in allen Lebens- und Gesellschaftsbereichen vorangekommen sind.
Ich habe die These aufgestellt, dass die gesamtgesellschaftliche Bedeutung des Prozesses der Schaffung einer inklusiven Gesellschaft und die damit verbundene Veränderungen gesellschaftlicher Strukturen und Rahmenbedingungen um echte Teilhabe und Chancengleichheit zu ermöglichen, von der übergroßen Mehrheit der Menschen im Freistaat nicht erkannt wird. Das betrifft meiner Meinung nach Menschen aller Schichten, Politikerinnen und Politiker eingeschlossen, ja Menschen mit Behinderungen in vielen Fällen auch.
Auch deshalb sind sozialpolitische Ausgaben trotz UN-Konvention von Streichungen betroffen. Nach allem, was ich seit der Ratifizierung der UN-Behindertenrechtskonvention und deren begonnenen Umsetzung in Thüringen erlebt habe, kann ich nur die Notwendigkeit bewusstseinsbildender Arbeit doppelt unterstreichen. Sie ist meines Erachtens Voraussetzung dafür, dass die notwendige gesellschaftliche Anerkennung für die Durchsetzung der Rechte von Menschen mit Behinderungen als Menschenrechte erfolgen kann.
Nach wie vor ist das vorherrschende Erscheinungsbild in der Behindertenpolitik, dass Menschen mit Behinderungen in die Gesellschaft „eingegliedert“, d.h. integriert werden sollen. Die Gesellschaft billigt ihnen die Realisierung ihrer Rechte mehr oder weniger im Zusammenhang mit der Entwicklung anderer gesellschaftlicher Bereiche zu. Natürlich sind die finanziellen Ressourcen einer jeden Gesellschaft begrenzt. Deshalb ist die gesellschaftliche Einsicht zu einem notwendigen Einsatz dieser Mittel besonders entscheidend. Der Abbau von Barrieren und das Verhindern neuer muss zu einem gesamtgesellschaftlichen Anliegen werden.
Um unsere Vision von einer inklusiven Gesellschaft Wirklichkeit werden zu lassen, bedarf es als wesentliche Voraussetzung eines gesamtgesellschaftlichen Umdenkens. Deshalb sind unsere Erwartungen an die Novellierung der Eingliederungshilfe und die damit verbundene Erarbeitung eines Bundesteilhabegesetzes berechtigt sehr hoch.
Inklusion muss endlich in den Kommunen ankommen und durch Aktionspläne umgesetzt werden.
Der nächste Thüringer Sozialgipfel wird 2016 stattfinden.
SOZIAL ist kein Sparmodell!
Sozialwirtschaft fördern. Gerechtigkeit leben. Teilhabe stärken. Unter diesem Motto fand am 18. Juni 2014 der 6. Thüringer Sozialgipfel statt.
von: Maik Nothnagel (Die Linke, Thüringen)

