Zahlreiche Gesetze und Gesetzesänderungen wurden vom Bundestag verabschiedet. Einige davon haben direkte Auswirkungen auf den Geldbeutel unsere Leser. Andere Gesetze bringen Verschlechterungen oder Verbesserungen mit sich. Die BBZ gibt einen knappen Überblick, welche Neuregelungen zum Jahresanfang 2017 in Kraft getreten sind bzw. welche Regelungen noch in Kraft treten werden.
Anhebung des Mindestlohn
Der gesetzliche Mindestlohn wurde zum 1. Januar 2017 von 8,50 Euro auf 8,84 Euro brutto je Zeitstunde erhöht. Dennoch: Viele Ausnahmen bleiben bestehen. Der Mindestlohn ist unter anderem nicht für Jugendliche unter 18 Jahren ohne abgeschlossene Berufsausbildung oder für Langzeitarbeitslose während der ersten sechs Monate ihrer Beschäftigung gültig. Andere EU-Länder haben weitaus höhere Mindestlohnvorgaben. In Luxemburg sind es 11,12 Euro, in Frankreich 9,67 Euro, den Niederlande 9,36 Euro und in Irland etwa 9,15 Euro.
Die Flexi-Rente kommt
Das sogenannte Flexirenten-Gesetz ermöglicht den flexiblen Übergang vom Erwerbsleben in den Ruhestand. Seit 1. Januar 2017 gilt: Wer eine Regelaltersrente bezieht und trotzdem weiterarbeitet, erhöht seinen Rentenanspruch, wenn er weiter Beiträge zahlt. So kann man seine Rente um bis zu neun Prozent jährlich steigern. Die Beiträge des Arbeitgebers zur Arbeitslosenversicherung entfallen zunächst für die Dauer von fünf Jahren. Ab 1. Juli 2017 lassen sich Teilrente und
Hinzuverdienst individuell kombinieren.
Die sogenannte Unbilligkeitsverordnung wirkt einer „Zwangsverrentung“ entgegen. Wer Leistungen aus der Grundsicherung für Erwerbsfähige bezieht, wird nicht mehr zum Eintritt in eine vorgezogene Altersrente mit Abschlägen verpflichtet, wenn die Höhe dieser Rente zur Bedürftigkeit, also zum Bezug von Grundsicherungsleistungen im Alter führen würde. Die Unbilligkeitsverordnung trat zum 1. Januar 2017 in Kraft.
Wegen der guten Finanzlage der Rentenkasse bleibt der Beitragssatz in der allgemeinen Rentenversicherung auch 2017 bei 18,7 Prozent. In der knappschaftlichen Rentenversicherung beträgt er weiterhin 24,8 Prozent.
Ab 1. Januar 2017 beträgt der Mindestbeitrag zur freiwilligen Versicherung in der gesetzlichen Rentenversicherung weiterhin 84,15 Euro monatlich.
Seit 2012 steigt die Altersgrenze für den Eintritt in die Rentenphase schrittweise. Das heißt: Wer 1952 geboren ist und 2017 in den Ruhestand geht, muss sechs Monate über seinen 65. Geburtstag hinaus arbeiten. Dann gibt es die Rente ohne Abschlag.
Leistungen der Grundsicherung („Hartz IV“)
Wer Arbeitslosengeld II oder Sozialhilfe bezieht, erhält ab Januar 2017 ein klein wenig mehr Geld. Der Regelsatz für Alleinstehende steigt von 404 auf 409 Euro pro Monat. Die Grundsicherung für Kinder zwischen 6 und 13 Jahren wird um 21 Euro angehoben. Für eine stärkere Anhebung bei Kindern hatten sich vorallem Wohlfahrtsverbände, wie der Paritätische Wohlfahrtsverband, eingesetzt (siehe hierzu auch den Artikel zum Armutsbericht auf der Seite 5).
Mehr Selbstbehalt für Menschen mit Behinderung
Mehr Teilhabe und Selbstbestimmung für Menschen mit Behinderung versprechen die Sozialpolitiker der Großen Koalition durch das neue Bundesteilhabegesetz (BTHG). Die Eingliederungshilfe wird reformiert, die Assistenzleistungen angeblich modernisiert. Das Gesetz wird bis 2020 stufenweise umgesetzt. Ab 2017 erhöhen sich die Freibeträge für Erwerbseinkommen um bis zu 260 Euro monatlich. Die Vermögensfreigrenze liegt dann bei 25.000 Euro. Das Partnereinkommen wird nicht angerechnet.
Doch es gibt massive Kritik am BTHG. Erste Details hierzu siehe BBZ-Ausgabe Dezember 2016. Über weitere Detailfragen berichten wir zudem in der kommenden Ausgabe der BBZ.
Stiftung „Anerkennung und Hilfe“
Die Stiftung „Anerkennung und Hilfe“ unterstützt Menschen, die in Kindheit oder Jugend Leid und Unrecht erfahren haben – in Heimen der Behindertenhilfe oder Psychiatrie in der
Bundesrepublik wie auch in der DDR. Es geht um Vorfälle, die sich in der ehemaligen DDR zwischen 1949 bis 1990 und in der Bundesrepublik zwischen 1949 und 1975 ereignet haben. Die Stiftung wird 2017 errichtet und mit insgesamt 288 Millionen Euro ausgestattet. Betroffene müssen sich bei der zuständigen Anlauf- und Beratungsstelle innerhalb von drei Jahren, bis zum 31. Dezember 2019, schriftlich anmelden. Details hierzu siehe BBZ-Ausgabe Dezember 2016.
Schlichtungsstelle für Menschen mit Behinderung
Das Behindertengleichstellungsgesetz trägt seit Juli 2016 dazu bei, Bundeseinrichtungen barrierefreier zu machen. Das gilt nicht nur für bauliche Hindernisse. Am 3. Dezember 2016 hat die Schlichtungsstelle ihre Arbeit aufgenommen. Behinderte Menschen können sich dorthin wenden, wenn sie Konflikte im öffentlich-rechtlichen Bereich haben. Die Schlichtungsstelle ist Online unter www.schlichtungsstelle-bgg.de zu erreichen. Dort kann auch Online ein Antrag gestellt werden. Die Schlichtungsstelle befindet sich: Mauerstraße 53, 10117 Berlin, Email: info@schlichtungsstelle-bgg.de, Tel.: 030/18 527 2805.
Neues Begutachtungssystem in der Pflege
Künftig soll der tatsächliche Unterstützungsbedarf von Pflegebedürftigen besser erfasst werden. Dafür sorgt ein neues Begutachtungssystem. Die Leistungen erhöhen sich ab 2017, ebenso der Beitrag um 0,2 Prozentpunkte. Aus den bisherigen drei Pflegestufen werden fünf Pflegegrade. Der Begriff der Pflegebedürftigkeit wird neu definiert. Um den Unterstützungsbedarf festzustellen, wird künftig der Grad der Selbstständigkeit gemessen – unabhängig davon, ob es sich um eine geistige oder körperliche Einschränkung handelt. Für Pflegegeldbezieher können sich daraus höhere Leistungen ergeben. Zudem sieht das Gesetz vor, dass kein Pflegebedürftiger durch die Umstellung auf die Pflegegrade schlechter gestellt werden darf. Sollte dies doch geschehen, empfehlen wir umgehend Einspruch einzulegen. Das Pflegestärkungsgesetz III sorgt zudem für mehr Beratung und Hilfe in den Kommunen. Künftig können die Gemeinden die pflegerische Versorgung besser mitplanen. Pflegebedürftige und ihre Angehörigen sollen umfassender vor Ort beraten werden. Häusliche Pflegedienste werden strenger kontrolliert. Das 3. Pflegestärkungsgesetz ist zum 1. Januar 2017 in Kraft getreten.
Psychiatrische Einrichtungen
Seelisch kranke Menschen sollen besser versorgt werden. Dazu gilt in psychiatrischen und psychosomatischen Einrichtungen künftig eine leistungsorientierte Vergütung.Statt fester Preise gibt es ab 2017 individuelle Budgets für die Kliniken. Hinzu kommen verbindliche Personalvorgaben.
Stationäre Leistungen sollen besser mit ambulanten verzahnt werden. Das Gesetz ist ebenfalls zum 1. Januar 2017 in Kraft getreten. Ob es die gewünschten Änderungen tatsächlich bringen wird, bleibt abzuwarten.
Beiträge für Gesetzliche Krankenkassen
Der allgemeine Beitragssatz zur Gesetzlichen Krankenversicherung beträgt 14,6 Prozent. Die Hälfte davon trägt der Arbeitnehmer, die andere Hälfte der Arbeitgeber. Benötigen die Kassen mehr Geld, können sie einkommensabhängige Zusatzbeiträge erheben. Der durchschnittliche Zusatzbeitragssatz für 2017 bleibt stabil und liegt weiterhin bei 1,1 Prozent. Die Kassen können je nach Finanzlage davon abweichen.